Projektarbeit für Freelancer: Was Du wissen musst

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In Deutschland sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für Freelancing in Projekten zunehmend komplex – gerade im Kontext agiler Arbeitsmethoden. In unserem Artikel beleuchten wir, wie sich die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) und die Gesetzgebung zur Abgrenzung zwischen selbständiger und abhängiger Arbeit positionieren. Mit einem Fokus auf juristische Quellen wie die Sozialgesetzbücher (SGB), das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) und aktuelle Gerichtsurteile diskutieren wir die Frage: Kann man Projekte als Freelancer noch ohne Risiko durchführen? Erfahre außerdem, wie sich die DRV Bund selbst dem Einsatz von Fremdpersonal in Projekten nähert und welche Fragen das aufwirft.

Freelancing in Form von Projektarbeit, ist das möglich?

Wir gehen der Frage nach, ob in Deutschland noch freie Mitarbeit in Projekten rechtlich möglich ist. Dabei stützen wir uns auf offizielle Dokumente der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund), einige Gesetzestexte (SGB, AÜG), ein aktuelles Urteil eines Landessozialgerichts (LSG) und schauen interessehalber in die europäische Ausschreibungsdatenbank Tenders Electronic Daily (TED), um uns über Projekte bei der DRV Bund zu informieren.
 
Wir starten mit einem Auszug aus einem Dokument zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen der DRV Bund, das hier abgerufen werden kann (Zip-Datei entpacken und „GRS Statusfestellung 2022.pdf“ öffnen):

Die Erwerbstätigkeit im Rahmen agiler Arbeitsmethoden oder einer projektbezogenen Arbeit spricht für eine abhängige Beschäftigung, schließt jedoch eine selbständige Tätigkeit nicht aus. Maßgebend ist, ob sich dadurch eine Einbindung in eine fremde Arbeitsorganisation ergibt und der Erwerbstätige Weisungen des Auftraggebers zu folgen hat, die die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit erheblich einschränken.

Bei vielen agilen Arbeitsmethoden findet ein arbeitsteiliges Zusammenwirken aller Teammitglieder in den Strukturen des Auftraggebers statt. Dabei erfolgen ständige Rückkoppelungen untereinander und es muss „Hand in Hand“ zusammengearbeitet werden. Die Teammitglieder haben häufig die gleichen Entscheidungskompetenzen und -verantwortlichkeiten. Für die Arbeitsleistung besteht regelmäßig ein Rahmenzeitplan o. ä.

Der Auftraggeber gibt in der Regel den Arbeitsort und die zu verwendenden Arbeitsmittel konkret vor. Darüber hinaus findet eine enge Einbindung in den Arbeitsprozess statt. Es werden regelmäßig fortlaufend Vorgaben zur Art und Weise der Auftragsbearbeitung erteilt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dem Team in der Gesamtheit Weisungen ausgesprochenen werden oder den Teammitgliedern einzeln. Zudem kann die Notwendigkeit konkreter Weisungen insbesondere in fachlicher Hinsicht gerade bei Hochqualifizierten bzw. Spezialisten erheblich eingeschränkt sein und gleichwohl den Erwerbstätigen immer noch funktionsgerecht dienend am fremdbestimmten Arbeitsprozess teilhaben lassen.

Weiterhin führt die Deutsche Rentenversicherung Bund ein Merkmal für abhängige Beschäftigung auf:

Beschäftigter ist, wer weisungsgebunden vertraglich geschuldete Leistungen im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Dafür spricht:
- Weisungsgebundenheit, die sich bei Hochqualifizierten und Spezialisten auf eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess reduzieren kann

Definition der Beschäftigung nach SGB IV

Eine in Klagen vor den Sozialgerichten sehr häufig zitierte Vorschrift zur Feststellung einer selbständigen oder abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV, der in seiner heutigen Fassung vom 23. Dezember 1976 stammt:

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Im Umkehrschluss darf bei einer selbständigen Tätigkeit mutmaßlich keine Weisungs­gebundenheit und keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegen. Mutmaßlich, weil es bisher keine Definition für Selbständigkeit im Gesetz gibt.

Definition der Arbeitnehmerüberlassung

In Anlehnung an die Definition der Beschäftigung im SGB IV werden für die Definition der Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) die gleichen Kriterien genannt, nämlich Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Entleihers.

Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen.

Was sind arbeitsrechtliche Weisungen?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich bereits in mehreren Urteilen dafür ausgesprochen, dass arbeitsrechtliche Weisungen ablauf- und verfahrensorientiert sind. Wenn der Auftraggeber die Tätigkeit des Mitarbeitenden plant und organisiert und ihn damit in seinen arbeitsteiligen Prozess einbezieht, liegt ein Arbeitsverhältnis oder eine Arbeitnehmerüberlassung nahe.

Im Juli 2022 urteilte das BAG zur Abgrenzung einer Arbeitnehmerüberlassung von einem Werk- bzw. Dienstvertrag (BAG, Urteil vom 05.07.2022, Az. 9 AZR 323/21, Rn. 19):

Der Werkbesteller kann, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werks erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis ist von der projektbezogenen werkvertraglichen Anweisung iSd. § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB zu unterscheiden. Die werkvertragliche Anweisung ist sachbezogen und ergebnisorientiert. Sie ist gegenständlich auf die zu erbringende Werkleistung begrenzt. Das arbeitsrechtliche Weisungsrecht ist demgegenüber personenbezogen, ablauf- und verfahrensorientiert. Es beinhaltet Anleitungen zur Vorgehensweise und weiterhin die Motivation des Mitarbeiters, die nicht Inhalt des werkvertraglichen Anweisungsrechts sind [...].

Feststellung des Deutschen Bundestages

Der Deutsche Bundestag hat bei der Novellierung des Arbeitnehmer­überlassungs­gesetzes (AÜG) festgestellt (in Kraft getreten am 01. April 2017), dass IT- und Unternehmens­beratungstätigkeiten hinsichtlich einer Eingliederung nicht pauschaliert werden sollen, sondern eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist. Es ist die Rede von zeitgemäßen Formen des kreativen und komplexen Projektgeschäfts. Die Feststellung kann in der Drucksache 18/10064 auf Seite 14 nachgelesen werden.

Ferner wurde festgestellte, dass mit der Definition der Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG die derzeitige Rechtslage nicht geändert werden solle, etwa bei der Beauftragung von Beratungsunternehmen. Das Gesetz ziele nicht darauf ab, die unternehmerische Tätigkeit beispielsweise von Beratungsunternehmen einzuschränken. Die Neuregelung solle dem sachgerechten Einsatz von Werk- und Dienstverträgen in den zeitgemäßen Formen des kreativen oder komplexen Projektgeschäfts nicht entgegenstehen, wie sie zum Beispiel in der Unternehmensberatungs- oder IT-Branche in Optimierungs-, Entwicklungs- und IT-Einführungsprojekten anzutreffen seien. Auch für solche Einsätze und für die Tätigkeit von Beratern sollen die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkleistungen auf der einen und Arbeitnehmerüberlassung auf der anderen Seite weiterhin zur Anwendung kommen. Dabei solle zum Beispiel eine für die Tätigkeit eines Beraters typische Bindung hinsichtlich des Arbeitsorts an eine Tätigkeit im Betrieb des beratenen Unternehmens allein regelmäßig keine persönliche Abhängigkeit gegenüber letzterem begründen (vgl. Bundesarbeitsgericht, 11.08.2015 - 9 AZR 98/14). Vielmehr solle nach dem Verständnis der Ausschussmehrheit entsprechend der bisherigen Praxis eine wertende Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, ob unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers erfolge. Dies habe man auch in der Gesetzesbegründung ausdrücklich aufgegriffen.

LSG Baden-Württemberg: Selbständigkeit trotz agiler Arbeit

Erfreulicherweise hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem Urteil vom 17. Dezember 2021 zugunsten eines Softwareentwicklers, der Teil eines Scrum-Teams war, entschieden, dass dieser selbständig tätig war. Die DRV Bund ging hingegen von einer abhängigen Beschäftigung aus.

Folgende Leitsätze können dem Urteil vom LSG Baden-Württemberg mit Aktenzeichen L 8 BA 1374/20 entnommen werden:

1. Das Tätigwerden in den Räumen des Auftraggebers ist nicht ohne Weiteres als Argument für eine Eingliederung in dessen Arbeitsorganisation zu werten, wenn dies sicherheitstechnischen Gegebenheiten geschuldet ist, welche eine Arbeit über einen Remote – Zugriff aus den eigenen Arbeitsräumen nicht erlauben.

2. Bei agilen Entwicklungsmethoden im IT-/Software-Bereich wie der Scrum-Methode ist im Rahmen der Prüfung der Eingliederung in den Betriebsablauf zu beachten, dass es keine Projektleitung gibt, welche fortwährend die Aufgaben an die Teammitglieder verteilt und deren Arbeit überwacht. Insofern ist das Kriterium der Eingliederung im Rahmen solcher Arbeitsprozesse nicht ohne weiteres passend und bedarf der Fortentwicklung an die Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt.

3. Es kann auch dann eine ausreichend präzise Leistungsbeschreibung vorliegen, wenn der Endkunde die Änderungswünsche an der Software zunächst mitteilt, diese dann in Arbeitsprojekte zur Bearbeitung im Rahmen von Scrum-Formaten geschnürt werden, und eine Abnahme durch den Endkunden erst am Ende nach Testung und Implementierung erfolgt. Die Tatsache, dass eine weitere Leistungspräzisierung erst nach Rücksprache und Prüfung beim Endkunden möglich ist, schließt daher nicht grundsätzlich eine ausreichende Bestimmtheit des Auftragsinhalts aus.

Die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) wurde vom Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg nicht zugelassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen, d.h. folgendes liegt nicht vor:
 
  1. Die Rechtsfrage muss von grundsätzlicher, über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung sein (Anmerkung: diese Bedeutung sollte eigentlich gegeben sein)
  2. Das Urteil muss von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts abweichen

Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung.

Im Einzelfall müsste man mit der DRV Bund verhandeln und darauf hoffen, dass, falls ein Fall bis zum Bundessozialgericht zugelassen wird, dieses eine positive Entscheidung eines Landessozialgerichts bestätigt.

Die Verfahrensdauer von einem Sozialgericht über ein Landessozialgericht beträgt ca. 3 Jahre, bis zum Bundessozialgericht ca. 5 Jahre!

Die Auslegung des Bundessozialgerichts ist für uns bindend.

Die Bundesregierung befasst sich mit agiler Projektarbeit

Auf eine schriftliche Frage eines Abgeordneten zu dem Urteil des LSG BW mit Aktenzeichen L 8 BA 1374/20 antwortete die Bundesregierung in der Woche vom 20. Januar 2025 in Drucksache 20/14639 vom Deutschen Bundestag.

Welche Kriterien sind aus Sicht der Bundesregierung im Rahmen agiler digitaler Arbeitsprozesse heranzuziehen, um zu entscheiden, ob ein Beschäftigungsverhältnis selbständig oder abhängig erfolgt, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Rechtsprechung (Urteil vom 17. Dezember 2021, L 8 BA 1374/20), wonach das Kriterium der Eingliederung (vgl. § 7 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) bei digitalen, agilen Arbeitsprozessen ungeeignet ist und einer Weiterentwicklung bedarf?

Nach § 7 Absatz 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Absatz 1 Satz 2 SGB IV). Maßgebend für die Einstufung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Gesamtbetrachtung des Einzelfalls. Dies gilt für jede Tätigkeit. Eine pauschale Einstufung etwa bestimmter Berufsgruppen erfolgt nicht. Die gesetzlich vorgesehene Abgrenzung abhängiger Beschäftigung von selbständiger Tätigkeit ist flexibel und offen im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit heutiger Erwerbsformen und zukünftige neue Entwicklungen. Dies belegt die in der Fragestellung zitierte rechtskräftige Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Dezember 2021 (L 8 BA 1374/20), in der im konkreten Fall Selbständigkeit festgestellt wurde.

Die Auslegung des § 7 SGB IV und die Entscheidung im Einzelfall obliegt dem zuständigen Sozialversicherungsträger und im Streitfall den Sozialgerichten.

Bestehen Zweifel, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, können sich die Beteiligten mit dem optionalen Statusfeststellungsverfahren (§ 7a SGB IV) frühzeitig Rechtsklarheit über den Rechtscharakter ihrer Vertragsbeziehung verschaffen. Dieses Verfahren dient einer schnellen und sachgerechten Klärung der Statusfrage

Im Streitfall bei agilen Projekten könnte es hilfreich sein folgendes anzuführen:
 
Die Bundesregierung hat durch Antwort in Drucksache 20/14639 vom Deutschen Bundestag, veröffentlicht am 24. Januar 2025, bestätigt, dass „die gesetzlich vorgesehene Abgrenzung abhängiger Beschäftigung von selbständiger Tätigkeit flexibel und offen im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit heutiger Erwerbsformen und zukünftige neue Entwicklungen [ist]. Dies belegt die […] rechtskräftige Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. Dezember 2021 (L 8 BA 1374/20), in der im konkreten Fall Selbständigkeit festgestellt wurde.“

Projektarbeit bei der DRV Bund: Doppelmoral?

Die DRV Bund setzt selbst Fremdpersonal für ihre eigenen Projekte ein (siehe unsere Recherchen zur Projektarbeit und zur Personalbindung bei der DRV Bund). Da bei öffentlichen Aufträgen zum Teil ganz erhebliche Budgets abgerufen werden (siehe Vergabe über bis zu ca. 414 Millionen Euro bei der DRV Bund für Projektarbeit mit Fremdpersonal), ist davon auszugehen, dass auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vom Einsatz von Fremdpersonal Kenntnis hat. Sofern eine Selbständigkeit im Bereich der Projektarbeit angestrebt wird, die DRV Bund diese Pläne jedoch verwerfen möchte, sollten die Umstände bei der DRV Bund in eigenen Projekten unbedingt dargestellt werden.

Unser Kontakt zur Clearingstelle

Auf der Freelancer-Projektplattform freelancermap.de können über die Volltextsuche verschiedene Freelancer gefunden werden (siehe Freelancer Verzeichnis, Suchbegriff z.B. „Deutsche Rentenversicherung“ oder „DRV Bund„), die aktuell oder in den letzten Monaten für die Deutsche Rentenversicherung Bund in Berlin oder Würzburg tätig sind oder es waren, beispielsweise in der Rolle als Projektmanager, Full Stack Entwickler, Software-Architekt oder SAP-Consultant.
 
Wir haben mit der Clearingstelle der DRV Bund telefonisch Kontakt aufgenommen und unsere Kontaktperson mit dem Sachverhalt konfrontiert, dass in letzter Zeit Freelancer in Projekten der DRV tätig waren bzw. sind, und nachgefragt, wie man dazu steht. Da war man ganz schön überrascht. Man beteuerte uns, dass man sich seitens der Clearingstelle mit Fällen im Bereich der Projektarbeit zurückhält, auch wenn anderes auf einer Webseite der Deutschen Rentenversicherung (Irrtum 4) zu lesen ist.

Nicht zu empfehlen: Gründung einer Kapitalgesellschaft zur Risikoreduzierung von Scheinselbständigkeit

Wenn der Auftragnehmer eine juristische Person ist, wie eine AG, SE, GmbH oder UG (haftungsbeschränkt), ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zum Auftraggeber ausgeschlossen. Damit könnte eine Scheinselbständigkeit umgangen werden. Der Gesetzgeber hat daher Folgendes festgelegt:

Bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund informiert darüber, dass die Gründung einer Kapitalgesellschaft, wie einer Ein-Personen-GmbH, nicht zur Umgehung eines sozial­versicherungs­pflichtigen Beschäftigungsverhältnisses führt, d.h. eine Scheinselbständigkeit zum Auftraggeber kann trotzdem gegeben sein:

Arbeitnehmer kann – anders als ein Arbeitgeber – ausschließlich eine natürliche Person sein, so dass die Gründung einer Ein-Personen-GmbH oder Ein-Personen-Limited in diesen Fällen sozialversicherungsrechtlich ins Leere geht.

Es ist nicht empfehlenswert, eine Kapitalgesellschaft zu gründen, nur um das Risiko der Scheinselbständigkeit zu reduzieren. Der Versuch, sozialversicherungs- und arbeitsrechtliche Bestimmungen zu umgehen, kann erhebliche rechtliche Folgen haben.

Fazit

Sowohl die Deutsche Rentenversicherung als auch ein Urteil des LSG Baden-Württemberg bestätigen, dass agile Arbeit in Projekten möglich ist (Deutsche Rentenversichung: „agile Arbeitsmethoden […] schließen […] eine selbständige Tätigkeit nicht aus„).

Dabei muss jedoch sichergestellt werden, dass es keine Projektleitung gibt, die Aufgaben an Teammitglieder verteilt und deren Arbeit überwacht. Stattdessen sollten Teammitglieder eigenverantwortlich Aufgaben übernehmen (Pull-Prinzip), beispielsweise durch Zuweisung eines Tickets (z.B. in Jira oder Wekan) oder durch Protokollierung (z.B. in Excel oder per E-Mail).

Statusmeetings (z.B. Daily Scrum Meetings, Jour Fixes) dürfen unseres Erachtens nur dazu dienen, über den aktuellen Stand der Umsetzung zu berichten und nicht dazu, neue Anweisungen oder zu berücksichtigende Umstände für die Aufgabenerfüllung zu erfahren.

Ein Freelance Projektmanager, Product Owner oder Scrum Master ist vermutlich abhängig beschäftigt, da er in eine fremde Arbeitsorganisation eingebunden ist. Eine Projektmitarbeit in diesen Rollen in einer fremden Arbeitsorganisation ist wahrscheinlich nur im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung rechtlich zulässig. Auf Freelancermap werben Projektmanager damit bei der DRV Bund tätig gewesen zu sein. Hier klafft eine Lücke zwischen Theorie und Praxis.

Eine Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) ist regelmäßig auf 18 Monate beschränkt. Der europäischen Ausschreibungsdatenbank Tenders Electronic Daily (TED) ist zu entnehmen, dass es Projekte mit Fremdpersonaleinsatz bei der DRV Bund gibt, die länger dauern und eben nicht als ANÜ durchgeführt werden.

Bei unseren Recherchen zu Projekten bei der DRV Bund ist uns noch ein ganz anderer Sachverhalt aufgefallen, der fragwürdigen Charakter hat. Wir haben um Stellungnahme durch die DRV Bund selbst bzw. in höherer Instanz durch den Koordinierungsstab für die „Rechtsaufsicht über die DRV Bund“ (KS RA DRV) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gebeten.

Inhalt

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