Selbständig als Künstler? Diese Kriterien sind entscheidend

Atelier eines erfolgreichen Künstlers
Atelier des Künstlers: © iStock / Stefa Nikolic
Der freiberuflich tätige Künstler ist seit jeher ein Sinnbild für Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Ob er sich als Maler, Bildhauer, Komponist, Filmemacher oder Performance-Künstler versteht – sein Schaffen lebt von Kreativität, Originalität und der Freiheit, künstlerische Konzepte eigenständig zu entwickeln und zu realisieren. Doch was macht den „selbständigen Künstler“ im rechtlichen Sinne aus?

Arbeitszeit und Arbeitsort

Selbständigkeit wird wesentlich daran festgemacht, ob ein Künstler sein Arbeitspensum und seine Zeiten eigenverantwortlich einteilen kann. Wird dem Betreffenden beispielsweise ein fester Stundenplan vorgeschrieben, garniert mit detaillierten Einsätzen zu bestimmten Uhrzeiten, so ist dies ein starkes Indiz für eine eher abhängige Beschäftigung. Künstler, die hingegen in Projekten denken und arbeiten, genießen typischerweise mehr Freiheiten: Sie stimmen sich zwar mit Projektpartnern ab, wann beispielsweise ein Drehtag angesetzt wird oder wann eine Probe stattfinden muss, doch besteht meist kein enger, fortlaufender Takt, in dem sie sich regelmäßig an- und abmelden müssen.

Oft zeigt sich schon an den Feinheiten, ob der Künstler bei Verhinderung eigenständig für einen Ersatz sorgen kann – oder ob dies ausschließlich Aufgabe eines möglichen „Arbeitgebers“ ist. Wer sich in seinem Schaffen vollkommen davon abhängig sieht, dass ein Betrieb eigeninitiativ Ersatz stellt, bewegt sich eher im Rahmen einer Anstellung. Dagegen ist der freie Künstler üblicherweise bestrebt, selbst zu entscheiden, ob bzw. wie Ausfallzeiten zu kompensieren sind oder ob gegebenenfalls andere Personen hinzugezogen werden, um die Performance oder das Projekt nach den ursprünglichen Vorstellungen umzusetzen.

Eine wichtige Rolle spielen darüber hinaus Vorgaben zum Ort der Tätigkeit. Muss der Künstler zwingend in den Räumen eines Anderen arbeiten – und kommt er dort in eine reguläre Arbeitsumgebung, die er gemeinsam mit festangestellten Mitarbeitern teilt? Oder hat er sein eigenes Atelier, Studio oder einen Probenraum, in dem er nach seinen eigenen Methoden und mit seiner eigenen Ausstattung arbeitet? Die Freiheit, den Tätigkeitsort zumindest teilweise selbst zu bestimmen und dabei eigene Räumlichkeiten oder Infrastruktur zu nutzen, ist oftmals ein starkes Merkmal einer selbständigen Tätigkeit. Umgekehrt kann die feste Einbindung in ein fremdes Büro, Studio oder in eine fest strukturierte Organisation auf eine abhängige Beschäftigung hindeuten.

Weisungsgebundenheit und Gestaltungsspielraum

Künstlerisch tätig zu sein, bedeutet in der Regel, ein künstlerisches Gesamtkonzept zu entwerfen, eigene Entscheidungen zu treffen und das Werk selbstverantwortlich zu gestalten. Wo enge Vorgaben gemacht werden – zu Inhalt, Stil, Methode und Ablauf – und wo ein Kreativer dauerhaft beaufsichtigt und kontrolliert wird, liegt eher der Verdacht eines Anstellungsverhältnisses nahe. Häufig lässt sich die Abhängigkeit an wiederkehrenden Teambesprechungen oder gar täglichen „Dienstbesprechungen“ erkennen, in denen Aufgabenverteilung, Zuständigkeiten oder Arbeitsziele detailliert festgelegt werden.

Dabei ist in der Kreativbranche durchaus normal, dass man sich in gewissem Umfang abstimmt und Zwischenergebnisse präsentiert. Selbständige Künstler legen aber Wert darauf, dass solche Absprachen projekt- und ergebnisorientiert erfolgen, nicht jedoch mit einem allumfassenden Weisungsrecht anderer Personen verbunden sind. Wer künstlerisch selbstständig ist, darf gestalterische Entscheidungen selbst treffen, Anpassungen am Werk eigenverantwortlich vornehmen und trägt zugleich die Verantwortung für dessen Qualität. Eine völlige Abwesenheit von Kontrolle ist in keinem Beruf üblich – allerdings ist entscheidend, ob es sich um eine klassische Abnahme eines fertigen Werkes (zum Beispiel eines Filmschnitts oder einer musikalischen Komposition) handelt oder ob durchgängige, arbeitsalltägliche Kontrollen stattfinden, wie sie häufig in einem Angestelltenverhältnis üblich sind.

Eingliederung in eine fremde Organisation

Ein zentrales Unterscheidungskriterium ist auch, ob die Tätigkeit in einen fremden, arbeitsteilig organisierten Betrieb eingegliedert ist. Wer sich dauerhaft in die Infrastruktur eines Unternehmens einfügt, seine Arbeit eng verzahnt mit festangestellten Mitarbeitern verrichtet und an betrieblichen Routinen wie Dienstbesprechungen, Team-Meetings und Schulungen teilnimmt, ist nach herkömmlicher Auffassung eher als abhängig Beschäftigter anzusehen. Vor allem, wenn innerhalb des Betriebs interne Weisungsstrukturen bestehen, denen man sich fügen muss, kann Selbständigkeit kaum in Anspruch genommen werden.

Im künstlerischen Bereich lässt sich dies manchmal schwer beurteilen. Viele Projekte erfordern Teamarbeit, man kommuniziert mit Regisseuren, Dramaturgen, Produzenten oder Bühnenbildnern. Wichtig ist die Frage, ob der betreffende Künstler darin lediglich eine eigene, abgrenzbare Leistung erbringt, die er quasi als externe Kraft zuliefert, oder ob er in den übergeordneten Arbeitsprozess wie ein Mitarbeiter integriert ist. Wer nur punktuell zu Projekttreffen erscheint, dann selbstständig in seinem Atelier oder an seinem Schreibtisch fortfährt und keine betrieblichen Vorgaben zum Arbeitsschutz, zur Schichtplanung oder zu ähnlichen Organisationsmaßnahmen einhalten muss, ist tendenziell freier unterwegs.

Mitunter kann auch die Frage relevant werden, ob der Künstler nach außen auftritt wie ein Mitglied der Belegschaft. Verfügt er über unternehmensinterne Visitenkarten, E-Mail-Adressen oder Signaturen? Stellt er sich Kunden oder Dritten als „Mitarbeiter“ vor, oder macht er deutlich, dass er freischaffend tätig ist? Tritt er in eigenem Namen auf, ist das oft ein positives Indiz für eine unabhängige Berufsausübung.

Nutzung eigener Betriebsmittel und eigenes finanzielles Risiko

Wer als selbständiger Künstler seine Arbeitsmittel von A bis Z selbst beschafft und finanziert, verdeutlicht damit sein unternehmerisches Risiko – ein bedeutsamer Faktor auf dem Weg zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit. Gerade in den künstlerischen und kulturellen Sparten kann dieser Einsatz von eigenem Kapital beträchtlich sein: Kameras, Schnittplätze, Instrumente, Softwarelizenzen oder Atelier- bzw. Studiomieten sind kostenintensiv. Wer sich derlei Betriebsmittel anschafft und sie in eigenen Räumlichkeiten einsetzt, demonstriert deutlich, dass er unabhängig agiert und kein umfassendes Arbeitssystem eines Dritten nutzt.

Zur selbständigen Tätigkeit gehört oft auch die ungewisse Einnahmesituation. Wer ein regelmäßiges Monatsgehalt bekommt, ein Ausfallhonorar im Krankheitsfall oder gar Urlaubsansprüche hat, gleicht eher einem Arbeitnehmer. Üblich für selbständige Künstler sind dagegen projekt- oder pauschalbasierte Honorare, bei denen die Vergütung unter Umständen vom Erfolg oder vom Umfang des abgeschlossenen Werkes abhängt. Zwar können Tagessätze oder Stundenhonorare vereinbart werden, aber gerade die Kombination aus schwankender Auftragslage und eigenem Kostenblock kennzeichnet das unternehmerische Element der Tätigkeit.

Werden darüber hinaus Hilfskräfte oder Assistenten beauftragt, also weitere Personen unter eigener Verantwortung bezahlt, steigt das Ausmaß des unternehmerischen Handelns. Viele selbständige Künstler arbeiten bei größeren Projekten mit eigenen Honorarkräften zusammen oder beschäftigen freie Mitarbeiter. Dieser Schritt macht deutlich, dass der ursprüngliche Künstler die Rolle eines Auftraggebers für Dritte übernimmt – ganz anders als in einem klassischen Angestelltenverhältnis, in dem der einzelne Mitarbeiter personalpolitisch nicht verantwortlich ist.

Freiheit bei der Honorarverhandlung und Haftung

Eine typische Erscheinung in der selbständigen Kunstbranche ist außerdem die individuelle Verhandlung des Honorars. In einem klassischen Angestelltenverhältnis sind Vergütungen meist an unternehmensweite oder tarifliche Strukturen gebunden. Freischaffende hingegen legen ihre Angebote und Gagen frei fest und verhandeln sie direkt mit ihren Auftraggebern. Zwar mögen Auftraggeber ihrerseits gewisse Budgetgrenzen vorgeben, doch bleibt den Kreativen in der Regel mehr Spielraum, eigene Konditionen vorzuschlagen oder nachzuverhandeln. Die beidseitige Einigung charakterisiert den Abschluss eines Werk- oder Dienstleistungsvertrages, wie er unter Selbständigen typisch ist.

Mit dieser Freiheit geht freilich auch die Möglichkeit einher, für Mängel oder Fehler am Endprodukt selbst haften zu müssen. Wer ein Werk schuldet und dieses nicht vertragsgemäß liefert, läuft Gefahr, Korrekturen übernehmen zu müssen oder einen Teil seiner Vergütung einzubüßen. Teils können Auftraggeber zudem Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn eine ungeeignete Performance oder ein fehlerhaftes Werk zu wirtschaftlichen Nachteilen führt. Bei einem Angestellten käme dies seltener infrage, da dort ein völlig anderes Haftungssystem gilt. Die Möglichkeit bzw. Pflicht, für das eigene Resultat einzustehen, verstärkt das Bild einer eigenverantwortlich tätigen Persönlichkeit.

Tätigkeit für verschiedene Auftraggeber

Eine bedeutende Rolle für die Beurteilung der Selbständigkeit spielt schließlich auch die Frage, ob man – wenn man dies möchte – parallel für andere Kunden tätig wird. Wer ausschließlich für einen Einzelnen arbeitet und ausschließlich von dieser Quelle Einnahmen bezieht, schafft häufig eine Form wirtschaftlicher Abhängigkeit, die einer Festanstellung ähnelt. Viele Künstler streben indessen einen breiten Kreis von Auftraggebern an, um ihre künstlerische Autonomie zu wahren. Sie arbeiten für verschiedene Produzenten, Verlage, Galerien oder Veranstalter, um sich zudem ein größeres Netzwerk aufzubauen.

Selbstverständlich kann es sein, dass ein einzelner Auftrag ein größeres Projekt darstellt und mehrere Monate in Anspruch nimmt. Doch sobald künstlerische Freiberufler in eigenem Namen auftreten, eigene Kunden akquirieren und ihre Kunstwerke über Ausstellungen, Online-Plattformen oder Agenturen anbieten, entfernen sie sich von der typischen Arbeitnehmerrolle. Die Möglichkeit, selbst zu werben und neue Interessenten zu gewinnen, gehört schließlich ebenfalls zum Unternehmertum.

Eigenverantwortliche Kunst statt abhängiger Arbeitsleistung

All diese Aspekte zusammengenommen zeigen, worin die Freiheit einer selbständigen künstlerischen Tätigkeit gegenüber einer abhängigen Beschäftigung liegt: Ungebundene Wahl von Arbeitsort und -zeit, inhaltliche Autonomie, kein Einbau in straffe Weisungsketten oder betriebliche Abläufe, der Einsatz eigener Betriebsmittel und die volle Verantwortung für das fertige Werk. Wer dazu unternehmerische Risiken trägt, sein Honorar selbst verhandelt und sich, falls gewünscht, auch von mehreren Seiten beauftragen lässt, erfüllt in aller Regel die Merkmale eines Freiberuflers oder Selbständigen.

Selbstverständlich ist die Realität gerade im Bereich Film, Fernsehen oder bildender Kunst nie schwarzweiß – oft kommt es darauf an, wie das konkrete Arbeitsverhältnis ausgestaltet wird und welche Abläufe in der Praxis stattfinden. Gleichwohl empfiehlt es sich, frühzeitig für eine saubere Abgrenzung zu sorgen. Auf diese Weise kann man geeignete Vertragsformen wählen und Missverständnisse vermeiden.

Gerade in der Kultur- und Kreativwirtschaft können die Beschäftigungsmodelle stark variieren, weil manche Künstler bewusst auf Anstellung zielen, während andere die künstlerische Autonomie schätzen und frei über ihre Projekte entscheiden möchten. Wer seine eigene Infrastruktur besitzt, keine betrieblichen Vorgaben befolgen muss und auch in finanzieller Hinsicht allein verantwortlich ist, hat in aller Regel den Status eines unabhängigen Auftragnehmers. So zeigt sich auch, dass die künstlerische Freiheit nicht allein eine Frage der Ästhetik ist: Sie kann der Schlüssel sein, die Abgrenzung zu einem herkömmlichen Angestelltenverhältnis klar werden zu lassen.

Wichtige Kriterien

Nachfolgend eine zusammenfassende Gegenüberstellung typischer Anhaltspunkte, die häufig zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit herangezogen werden. Je mehr Punkte einer Spalte erfüllt sind, desto eher spricht das Gesamtbild in diese Richtung. Bewertet wird immer die Menge der Merkmale – die Gesamtschau aller Umstände – nie nur ein einzelnes Merkmal.

Typische Merkmale einer selbständigen Tätigkeit:

  • Flexible Gestaltung der Arbeitszeit ohne enge Vorgaben
  • Fehlende Genehmigungspflicht bei Abwesenheit, keine Urlaubssperre durch Dritte
  • Möglichkeit, Dritte oder Mitarbeiter für Teile der Leistung einzusetzen (z. B. Assistenten)
  • Weitgehende künstlerische oder inhaltliche Gestaltungsfreiheit ohne enge Weisungen
  • Kontrolle nur in Form von Ergebnisabnahmen, nicht als engmaschige Beaufsichtigung
  • Fehlende Eingliederung in eine fremde Betriebsstruktur, Nutzung eigener Räume oder Studios
  • Eigene Arbeitsmittel (Instrumente, Technik, Software, etc.), Beschaffung auf eigene Kosten
  • Eigenes unternehmerisches Risiko, da keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
  • Abrechnung in Form von Pauschalhonoraren, Stückvergütung oder Provisionen, mit der Möglichkeit, die Vergütung zu verhandeln
  • Eigene Kunden und Auftraggeber statt ausschließlich für einen einzelnen „Chef“ tätig zu sein

Typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung (Scheinselbständigkeit):

  • Vorgabe von Arbeitszeiten oder Schichtplänen durch den Auftraggeber
  • Genehmigung von Urlaub und Abwesenheitsmeldungen
  • Persönliche Leistungspflicht ohne Möglichkeit, Dritte für wesentliche Teile der Arbeit einzusetzen
  • Detaillierte Vorgaben zur Arbeitsweise (starke Weisungsbefugnis)
  • Fortlaufende Kontrolle der Arbeitsergebnisse oder laufende Berichterstattung
  • Nahtlose Eingliederung in die Arbeitsorganisation, häufig im Betrieb des Auftraggebers
  • Bereitstellung von wesentlichen Arbeitsmitteln durch den Auftraggeber
  • Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder anderen Ausfallzeiten
  • Kein eigenes wirtschaftliches Risiko, da feste Vergütung vereinbart wird
  • Abrechnung erfolgt allein über den Auftraggeber (kein eigener Kundenstamm)

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